Leseprobe 2

Es geht sich nicht leicht in lockerem Sand []. Kaum ziehe ich einen Fuß heraus, rutscht der andere wieder zurück. Hätte ich Stiefel anziehen sollen? Aber zum Umkehren fehlt mir die Zeit. Zum Sonnenaufgang will ich ganz oben sein. Hab' mir die nächstgelegene Düne gewählt. Auf die halte ich zu. Anfangs ging's gut. Aber jetzt weiche ich aus, verliere durch Seitwärtsgänge die Kraft, die ich zum Aufsteigen bräuchte. Serpentinen also: Keuchend winde ich mich hinauf. Sehe ich das Lager denn noch? Drei Fahrzeuge und dreizehn Zelte in einem Dünenbassin - fahle Punkte im nächtlichen Licht.

Inzwischen bäumt sich der Hang wie eine Welle über mir auf. Das Schwerste kommt also noch. Dabei schlägt mir das Herz schon jetzt bis zum Hals. - Es war an der Mosel vor ein paar Jahren, als ich zum ersten Mal in eine Steillage stieg. Allerdings konnte ich mich da von einem Weinstock zum anderen hangeln.

Auf allen Vieren schaffe ich es endlich bis auf den Kamm. Wogender Sand - mehr kann ich nicht denken, so zittrig und nass geschwitzt, wie ich bin. Hänge und Mulden und Kämme, bis an den Horizont dehnt sich das alles um mich herum. Ich ringe nach Luft. Massenhaft Sand braucht es für eine solche Landschaft - und Zeit. Sehr viel Zeit [].

Plumpe, planlos schleifende Spuren ziehen zu mir herauf: Versuch und Irrung, von meinen Füßen in die große Leere geschrieben und schon wieder ein wenig verweht.